Unterwasseranstrich – Tipps zur Auswahl, zur Sicherheit und zum Anstrich

Unterwasseranstrich-Blog

So viel Freude das Segeln dir den Sommer über einem auch bereiten mag, im Herbst, wenn das Boot eingewintert wird oder spätestens im nächsten Frühjahr, wenn es wieder zu Wasser gelassen wird, musst du dich auch mit der unangenehmen Schattenseite des Bootssports auseinandersetzen: Reparaturen am Rumpf sind fällig, ein neuer Unterwasseranstrich sollte aufgetragen werden oder es muss gar der Kampf gegen osmotische Blasen angetreten werden. Doch welche Grundierung eignet sich überhaupt für dein Boot? Welcher Unterwasseranstrich ist mit den bisherigen Anstrichsystemen kompatibel und wie viele Schichten sind notwendig, um einen ausreichenden Schutz zu garantieren? Fragen über Fragen, die einem Bootseigner schon einmal Kopfschmerzen verursachen können.

Mit diesem Artikel wollen wir dir daher einen Überblick über die verschiedenen Bootspflegeprodukte geben und dir die Entscheidung für den richtigen Unterwasseranstrich erleichtern.

 

 

Wofür wird ein Unterwasseranstrich & Co. verwendet?

Bewuchsschutz
Die erste Frage, die du dir vielleicht stellst, lautet: ist ein Unterwasseranstrich wirklich notwendig? Spätestens dann, wenn dein Boot im Herbst geslippt wird und sich unschöner Bewuchs am Rumpf festgesetzt hat, beantwortet sich deine Frage quasi von selbst. Wenn du dein Boot über einen längeren Zeitraum im Wasser liegen lässt, ist es von Vorteil es vor deiner nächsten Saison mit einem Unterwasseranstrich zu versehen. Denn mit Fußscheiben, die wie Saugnäpfe funktionieren, können im Wasser lebende Organismen wie Miesmuscheln, Rankenfußkrebse und Algen den Schiffsrumpf besiedeln. Diesen Prozess bezeichnet man als Fouling oder Anwuchs. Jeder, der einmal versucht hat, die Organismen manuell zu entfernen, weiß wie gut die Werkzeuge dieser Wassertiere funktionieren. Dennoch solltest du den Anwuchs nicht am Rumpf belassen. Dein Schiff wird bei zunehmendem Bewuchs immer schwerer und der Strömungswiderstand steigt. Dadurch verlangsamt sich die Fahrt, was deinen Treibstoffverbrauch erhöht und schließlich zu höheren Kosten führt. Doch ein wirtschaftlicher Schaden ist nicht das einzige Übel. Auch die Manövrierfähigkeit deines Bootes leidet unter dem Anwuchs. Zudem begünstigt das Fouling Korrosion und vermindert so die Lebensdauer deines Schiffes. Daher ist ein Anwuchs nicht nur unschön anzusehen, sondern stellt auch eine Gefahr für deine Sicherheit an Bord dar. Deswegen wird auf einen Unterwasseranstrich, sprich Antifouling, zurückgegriffen. Wie schon der Name verrät, handelt es sich bei Antifoulings um Produkte, die dem Fouling entgegenwirken. Sie verhindern effektiv das Anwachsen von Wasserorganismen und gewährleisten ein sauberes Unterwasserschiff.

Schutz vor Osmose
Neben dem Bewuchs gibt es noch ein weiteres Problem, mit dem du dich als Bootsbesitzer häufig auseinander setzen musst: Osmotische Blasen. Die Osmose ist eine besondere Form der Diffusion. Dabei fließen molekulare Teilchen von einer Lösung durch eine semipermeable Membran in eine Lösung mit einer höheren Konzentration. Auf die Schifffahrt übertragen bedeutet dies Folgendes: Hin und wieder entstehen winzige Blasen zwischen dem Laminat und der darüberliegenden Gelcoatschicht. In diesen Blasen sammeln sich Reste von Härtern, Lösungsmitteln oder Harzanteilen an und weisen dementsprechend eine hohe Konzentration auf. Das Wasser, von dem dein Boot umgeben wird, hat hingegen eine geringere Konzentration. Daher fließen die Wasserstoffmoleküle durch das Gelcoat hindurch in die Blasen. Da die Moleküle Platz brauchen, vergrößern sich die Blasen, bis sie platzen oder sich das Gelcoat vom Laminat immer mehr ablöst. Insbesondere in warmen Gewässern ist die Osmosegefahr hoch, da warmes Wasser eine besonders niedrige Konzentration aufweist und so das Konzentrationsgefälle zwischen den Blasen und Wasser höher ist.

Wie kannst du dich also am besten vor Osmose schützen?
Um die Feuchtigkeitsaufnahme zu verhindern, solltest du das Gelcoat auf Risse und andere Beschädigungen überprüfen und gegebenenfalls mit Spachtelmasse wie beispielsweise Watertite ausgebessern. Wenn sich bereits unschöne Blasen am Rumpf gebildet haben, solltest du das betroffene Gelcoat entfernen, damit das darunterliegende Laminat sowie der Rumpf ausreichend trocknen können. Anschließend empfehlen wir dir einen geeigneten Primer als Grundierung aufzutragen, der dein Boot vor Osmose schützt.

Die Wahl des richtigen Anstrichs
Bei der Wahl des richtigen Anstrichs müssen einige Faktoren berücksichtigt werden, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Für gewöhnlich finden sich die entsprechenden Angaben auf den Dosen, der Herstellerseite oder auf der Produktseite des entsprechenden Antifouling in unserem Shop.

Material
Nicht jeder Unterwasseranstrich hält auf jedem Material. Während ein Großteil auf GFK, Holz und Stahl haftet, ist die Auswahl bei Edelstahl oder Aluminium gering.

Geschwindigkeit des Bootes
Auch die Geschwindigkeit deines Bootes ist ein wichtiger Faktor bei der Wahl eines geeigneten Unterwasseranstrichs. Generell wird zwischen selbstpolierendem und hartem Antifouling unterschieden. Die selbstpolierende Variante gibt mit der Zeit ein Biozid an das Wasser ab und erzeugt somit eine Schicht um den Rumpf, welche das Anhaften von Wasserorganismen verhindert. Durch das harte Antifouling hingegen entsteht eine robuste Lackschicht. Durch ihre besonders glatte Oberfläche verhindert sie den Bewuchs. Aufgrund des Verflüchtigungseffektes des selbstpolierenden Antifoulings ist dieses jedoch für schnelle Boote nicht geeignet, da es sich bei einer schnellen Fahrt zu schnell ablösen würde. Der Hersteller International gibt für die selbstpolierenden Produkte eine Grenze von 25 Knoten an.

Bewuchsverhältnisse des Gewässers
Je nach Gewässer befinden sich dort mehr oder weniger Wasserorganismen, die am Rumpf festwachsen können. Daher muss ein Unterwasseranstrich gewählt werden, welches für die entsprechenden Bewuchsverhältnisse geeignet ist. Wenn du dir nicht sicher bist, wie hoch der Anteil an Wasserorganismen im entsprechenden Gewässer ist, ist es hilfreich andere Bootseigner nach ihren Erfahrungen zu fragen.

Kompatibilität von Unterwasseranstrichen
Wenn du in der Vergangenheit dein Boot bereits mit einem Unterwasseranstrich versehen hast, musst du darauf achten, dass das neue Produkt auf der alten Schicht haftet, da nicht jedes mit jedem beliebig kombinierbar ist. Eventuelle Unverträglichkeiten solltest du also vorher recherchieren. Wenn du dich nicht mehr erinnern kannst, welchen Unterwasseranstrich du zuletzt verwendet hast, solltest du das Unterwasserschiff abschleifen und neu grundieren bevor ein neuer Anstrich geschieht. Alternativ reicht es auch, die alte Lackierung nur anzuschleifen und mit Primocon eine Sperrschicht aufzutragen.

Länderspezifische Gesetze
Wenn man in internationalen Gewässern unterwegs ist, solltest du beachten, dass nicht alle Unterwasseranstriche in allen Ländern zugelassen sind. In den Niederlanden beispielsweise ist ein Großteil verboten. Interspeed von International ist hierbei eine der wenigen Ausnahmen.

Die Wahl der richtigen Grundierung
Die Wahl einer passenden Grundierung fällt aufgrund der geringeren Auswahl im Vergleich zum Unterwasseranstrich wesentlich leichter. Unterschieden wird hierbei in erster Linie zwischen Grundierungen für den Überwasserbereich und Unterwasserbereich. Des Weiteren unterscheiden sich Primer in ihrer typischen Verwendung. So gibt es Grundierungen wie Primocon, die als Sperrgrund zwischen unverträglichen Unterwasseranstrichen dienen, während Primer wie Gelshield Plus zur Sanierung von osmotischen Blasen verwendet werden. Außerdem gibt es Grundierungen, die sich durch einen besonderen Korrosionsschutz oder Osmoseschutz auszeichnen.

grundierungen

Das richtige Auftragen von Unterwasseranstrichen und Grundierungen
Hast du dich nun für ein geeigneten Unterwasseranstrich und dessen dazu gehörige Grundierung entschieden, gilt es diese nun aufzutragen. Aber auch hier musst du einige wichtige Punkte beachten:

Gesundheitsschutz beim Auftragen vom Unterwasseranstrich und Primern
Das Einatmen von giftigen Stäuben, Lösungsmitteldämpfen sowie Spritznebel kann deine Gesundheit gefährden. Daher solltest du ausreichende Schutzmaßnahmen treffen, bevor du mit dem Streichen beginnst. Grundsätzlich solltest du immer für eine gute Belüftung sorgen. Wenn dies nicht möglich ist, ist es empfehlenswert eine Atemschutzmaske zu tragen. Der Kontakt mit manchen Farben kann zu Hautirritation führen. Deswegen solltest du Schutzkleidung mit Schutzhandschuhen sowie Schutzbrille tragen. Wenn dennoch Farbspritzer auf deine Haut gelangen, sollte die Farbe mit reichlich Wasser und Seife abgewaschen werden. Zudem sind Unterwasseranstriche leicht entzündlich, weshalb du am Ort der Verarbeitung offene Flammen und rauchen unterlassen solltest. Funkenflug  von Schleifgeräten kann ebenfalls gefährlich werden. Generell sollte an Orten, an denen Unterwasseranstriche gelagert und verarbeitet wird,  nicht gegessen oder getrunken werden, damit es nicht versehentlich zu einem Verschlucken von Farbe kommt. Geschieht dies dennoch, solltest du einen Arzt aufsuchen.

Vorbereitung für den Unterwasseranstrich
Je nachdem aus welchem Material dein Boot besteht, muss dieses unterschiedlich vorbereitet werden. Rückstände des alten Unterwasseranstrichen solltest du vor dem Auftrag des neuen entfernen. Ein Hochdruckreiniger ist speziell bei selbstpolierendem Antifouling ein geeignetes Instrument dafür. In manchen Fällen ist es zudem ratsam, das alte Anstrichsystem komplett zu entfernen, bevor die neuen Produkte aufgetragen werden, da nur so ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wird. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn sich der bisherige Anstrich in einem sehr schlechten Zustand befindet oder der alte Anstrich ein 1-Komponenten System ist und es sich bei den neuen Produkten um ein 2-Komponenten System handelt. Generell gilt, dass alle Oberflächen entfettet werden sollten und frei von Schleifrückständen sein müssen, bevor sie gestrichen werden. Denn Öle und Fette, die sich auf dem Unterwasserschiff befinden, können die Haltbarkeit des Unterwasseranstrich verringern. Aluminium kann beispielsweise mit 60-120er Schleifpapier angeschliffen werden. Mit der passenden Verdünnung oder Super Cleaner wird das Material anschließend entfettet und gereinigt. Nachdem der Rumpf getrocknet ist, kann zunächst die Grundierung aufgetragen werden. Um eine saubere farbliche Trennung zwischen Unterwasserschiff und dem Rest des Bootes zu erhalten, kannst du mit Klebeband die Linie zwischen Unterwasserschiff und dem Rest des Bootes abkleben. Nach dem Streichen wird das Klebeband abgezogen und man erhält ohne penible Pinselführung einen sauberen Unterwasseranstrich.

Applikationsmethoden
Ideal ist der Auftrag durch Aufspritzen. So entsteht ein äußerst gleichmäßiger und glatter Anstrich. Dies ist jedoch nicht mit allen Unterwasseranstrichen möglich und nicht jeder hat die Ausrüstung dazu. Die meisten Unterwasseranstriche kannst du aber auch mit einem Pinsel oder einer Farbrolle auftragen. Der Vorteil einer Rolle einem Pinsel gegenüber ist, dass die Rolle keine Pinselstriche hinterlässt und der Unterwasseranstrich glatter aufgetragen wird. Speziell bei hartem Antifouling gilt: Je glatter der Anstrich ist, desto besser verhindert er den Bewuchs. Denn Unebenheiten bieten Meerestieren eine bessere Möglichkeit sich festzusetzen.

Zeitpunkt des Auftrags
Viele Bootseigner tragen ihren Unterwasseranstrich bereits beim Einwintern des Bootes auf. Es begünstigt einen Witterungsschutz und du ersparst im Frühjahr die Arbeit vor dem Slippen. Daher wurden Unterwasseranstriche entwickelt, die bereits einige Monate vor dem zu Wasser lassen aufgetragen werden können.

Unterwasseranstrich auftragen
Wenn du alle Punkte beachtet, das Bootsbaumaterial gründlich vorbereitet, genügend Schichten Grundierung aufgetragen hast und diese lange genug getrocknet sind, kann der Unterwasseranstrich letztendlich aufgetragen werden. Handelt es sich um ein mehrkomponentiges Antifouling, musst du die einzelnen Komponenten entsprechend der Verpackungsangaben vermischen. In jedem Fall solltest du den Unterwasseranstrich gründlich umrühren.  Es gilt zu beachten, in wie vielen Schichten der Unterwasseranstrich aufgetragen werden soll. Ebenfalls musst du die Trocknungszeiten zwischen den Schichtaufträgen und vor dem Slippen berücksichtigen. Kälte sowie hohe Luftfeuchtigkeit erhöhen die Trocknungszeit. Hohe Temperaturen hingegen verkürzen die Trocknungszeit und können den Anstrich erschweren. In diesem Fall kann eine Verdünnung Abhilfe schaffen. Zudem solltest du es vermieden, in direktem Sonnenlicht zu streichen, da sich anderenfalls die Verlaufseigenschaften der Farbe verändern. Für eine leichtere Verarbeitung und Reinigung der Arbeitsgeräte kann ebenfalls eine Verdünnung genutzt werden. Hierbei muss auch auf entsprechende Kompatibilität geachtet werden. Diese Angaben befinden sich in der Regel auf der Dose des Produktes.

Auch Außenborder, Propeller, Saildrives, Kiele und Bugstrahler müssen mit einem Anstrich behandelt werden, da Anwuchs hier zu beträchtlicher Einschränkung des Antriebs sorgen kann. Da diese Stellen mit Pinsel und Farbroller eher schwer zugänglich sind, bietet International ein Antifouling in einer Sprühdose an, welches dir den Auftrag stark vereinfacht. Dabei solltest du auf die Opferanoden achten. Diese solltest du nicht überstrichen. Sie müssen dementsprechend vor dem Anstrich abgeklebt werden.

Hier gibt es ein Video, in dem dir alles rund um einen Unterwasseranstrich zusammenfassend erklärt wird:

Checkliste

Ein Gedanke zu „Unterwasseranstrich – Tipps zur Auswahl, zur Sicherheit und zum Anstrich

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.